Erfolgreiche Nachfolge in mittelständischen Unternehmen

Ein Leitfaden für Unternehmer

Das Thema Unternehmensnachfolge ist eine sehr facettenreiche Herausforderung, da jeder Fall anders gelagert ist und insofern auch nur individuell geregelt werden kann. Während sich die Hauptaufmerksamkeit häufig auf die Frage richtet, wie der Übergang unter steuerlichen Aspekten optimiert werden kann, gilt es, die drei eng miteinander verknüpften Bereiche Strategie, Führung und Nachfolgerentwicklung mit der gleichen Bedeutung zu beleuchten. Da es sich bei der Unternehmensnachfolge meist um eine Vermischung von Geschäft und Familie handelt, in der sehr große Emotionen mitspielen, sind Unternehmer gut beraten, sich unabhängigen externen Rat einzuholen, um den gesamten Prozess professionell zu begleiten und zu nachvollziehbaren Entscheidungen zu kommen.

In einem ersten Schritt geht es beim Thema Unternehmensstrategie um die Frage, ob diese in der nächsten Generation 1:1 fortgeführt oder optimiert werden sollte. Dies kann einerseits bedeuten, im Rahmen einer sauber formulierten Vorwärtsstrategie in weitere Produkt-/ Marktsegmente sowie in den Vertrieb und den Betrieb zu investieren und auch sinnvolle Akquisitionen zu tätigen. Auf der einen Seite kann es im Sinne einer Fokussierung angebracht sein, weniger perspektivische Randgeschäfte zu veräußern, Verlustbringer zu sanieren oder sich in bestimmten Fällen von Auslandsaktivitäten zu trennen. Zielsetzung ist es hierbei, die nächste Generation möglichst frei von Altlasten ins Rennen zu schicken und die Übergabefähigkeit abzusichern. Darüber hinaus ist es in einem zweiten Schritt sicher sinnvoll, sich zu fragen, ob das Geschäft in der jetzigen Form in den nächsten 5-10 Jahren noch existieren wird, welche Herausforderungen zu erwarten sind (Digitalisierung, KI, Industrie 4.0, neue Technologien, neue Wettbewerber, Konzentration, großer Investitionsbedarf, etc.) und welche Chancen und Risiken zu erwarten sind. Während die Digitalisierung grundsätzlich große Chancen für die Entwicklung völlig neuer Geschäftsmodelle bietet, kann es in bestimmten Fällen auch die beste unternehmerische Entscheidung sein, sein Unternehmen rechtzeitig zu veräußern, wenn kein angemessener unternehmerischer Gewinn zu erwarten ist bzw. die Risiken inklusive persönlicher Haftung größer als die Chancen erscheinen.

Beim Thema Führung ist zunächst der Vorgänger aufgerufen, sich selbstkritisch Gedanken über sein persönliches Schlüsselpersonenrisiko zu machen und mit großem zeitlichem Vorlauf sein Know-how auf weitere Führungskräfte zu übertragen. Generell sind Unternehmer gut beraten, sich eine stabile zweite Ebene aufzubauen, um nicht selbst zum dauerhaften Engpass zu werden. Desweiteren gilt es, möglichst emotionslos einzuschätzen, wie sich die Anforderungen an die Unternehmensführung in der Zukunft verändern werden. Hier kann im Einzelfall auch die Erkenntnis reifen, dass es besser ist, eine Fremdgeschäftsführung zu installieren und die eigene Führungsmannschaft zu verstärken, statt sehendes Auges überforderte eigene Kinder als Geschäftsführer/-in in ein schwieriges Rennen zu schicken.

Eng mit dem Thema Neuausrichtung der Führung verknüpft ist die systematische Nachfolgerentwicklung. Bei der langfristigen Nachfolgeplanung gilt es, sich mindestens fünf Jahre im Voraus konkrete Gedanken zu machen, wie die Nachfolge im Unternehmen ausgestaltet werden kann. In intensiven Gesprächen mit den eigenen Kindern gilt es auszuloten, ob sie befähigt und motiviert sind, die eigene Nachfolge anzutreten. Denn nicht jeder junge Mensch möchte die Verantwortung eines geschäftsführenden Gesellschafters bzw. einer Gesellschafterin tragen. Welche Vorbereitungen hinsichtlich Ausbildung und externer Berufserfahrung sollten sie erfüllen? Wann sollen sie ins Unternehmen eintreten? Was tun, wenn es keine Kinder gibt oder die Kinder kein Interesse haben, die Nachfolge anzutreten? Viele Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt, die aber dennoch gefunden werden müssen.

Besonders anspruchsvoll ist die nachvollziehbare Auswahl des Nachfolgers oder der Nachfolgerin. Zunächst geht es darum, die Kriterien für Nachfolger gemeinsam in einem iterativen Prozess festzulegen – idealerweise unterstützt durch eine externe Moderation. Welche fachlichen Fähigkeiten und welche Führungserfahrung sollte er oder sie haben? Wird eher ein Generalist, ein CFO oder ein Vertriebsprofi gesucht? Und haben die potenziellen Nachfolger genügend unternehmerischen Spirit, um das Unternehmen nicht nur zu verwalten, sondern auch weiterhin nach vorne zu bringen? Es ist klar, dass man der Nachfolgergeneration die Chance geben muss, in diese Rolle hinein zu wachsen und auch Fehler machen zu dürfen. Entscheidend ist hierzu auch die entsprechend notwendige Eigenmotivation und der unternehmerische „Biss“ der Nachfolger. Sind der/die Nachfolger im Rahmen eines systematischen Auswahlprozesses gefunden, gilt es den Übergang zwischen Vorgänger und Nachfolger detailliert zu planen. Hier geht es um die Frage, wer führt das Unternehmen wann und wie? Im Idealfall bekommen der oder die Nachfolger/-in die Möglichkeit, sich im Rahmen eines verbindlichen Einarbeitungs- und Zusammenarbeitsmodells im Unternehmen einzuarbeiten, sukzessive Verantwortung zu übernehmen, anschließend in die Geschäftsführung einzutreten und ab dem Tag x die alleinige Verantwortung zu tragen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Vorgänger diese Einarbeitung aktiv unterstützt und sich selber immer wieder zurück nimmt. Hier muss der Vorgänger bzw. die Vorgängerin lernen, „loszulassen“ und dem Nachfolger/der Nachfolgerin den Raum zu geben, sich zu entfalten und eigene Ideen umzusetzen. Denn sonst besteht die Gefahr, dass sich insbesondere starke Nachfolger/-innen anders orientieren.

Es kommt immer wieder vor, dass Nachfolger ohne ausreichende Einarbeitungszeit die Unternehmensnachfolge antreten müssen und sie sich mit den zahlreichen Aufgaben überfordert fühlen und bereit sind, konkrete Hilfe anzunehmen, um in die „großen Schuhe“ des Vorgängers hinein zu wachsen. Hierbei kann ein persönliches Coaching eine wertvolle Unterstützung sein zum Ausbau der eigenen Stärken, dem Ausschöpfen der eigenen Potenziale und der Entwicklung der eigenen Führungsfähigkeit.